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»Wir brauchen einen attraktiven Einzelhandel«

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier warnt vor einem Ladensterben in den Innenstädten. Seine Forderung: Um lebensfähig zu bleiben, muss sich der stationäre Einzelhandel digitalisieren

Herr Altmaier, die Corona-Krise hält seit Anfang des Jahres praktisch die gesamte Welt in Atem. Wie blicken Sie auf die vergangenen Monate zurück?

Wir sind insgesamt in Deutschland bisher besser durch die Krise gekommen als viele andere Länder. Wir haben in der Bundesregierung entschlossen und ohne Parteitaktik gehandelt und einen umfassenden Schutzschirm für Unternehmen und Beschäftigte aufgespannt. Aber vor allem haben wir eine große Disziplin und Solidarität unserer Bürgerinnen und Bürger erlebt, dafür bin ich sehr dankbar!

Belebte Innenstädte mit einer großen Vielfalt im Einzelhandel sind ein wichtiges Stück Lebensqualität

Peter Altmaier Bundesminister für Wirtschaft und Energie

Viele Geschäfte mussten Mitte März vorübergehend schließen, um die Ausbreitung von Covid-19 einzudämmen. Wie bewerten Sie die Situation des Handels?

Das Virus ist weiter da, und wir müssen wachsam bleiben. Gerade der Handel ist in vielen Bereichen weiterhin stark von den geltenden Corona-Regeln betroffen. Daher müssen wir uns immer wieder bewusst machen: Abstands­regeln, Mundschutz und Hygieneregeln schützen nicht nur unsere Gesundheit, sondern auch unsere Unternehmen und ihre Beschäftigten.

Warum ist der Einzelhandel aus Ihrer Sicht unterstützungswürdig? Welche Rolle spielt er für die Dörfer, Gemeinden und Städte im Land?

Attraktive und belebte Innenstädte mit einer großen Vielfalt im Einzelhandel sind ein wichtiges Stück Lebensqualität. Natürlich können wir fast alle Produkte auch online bestellen, aber wir brauchen auch in Zukunft einen attraktiven Einzelhandel für attraktive Innenstädte. Denn den Bummel durch Einkaufsstraßen mit anschließendem Treffen mit Freunden im Café oder Restaurant will sicher niemand missen. Wir müssen daher Konzepte zur Wiederbelebung der Innenstädte entwickeln und verhindern, dass es zu einem Sterben der Geschäfte in den Innenstädten kommt.

Wie groß schätzen Sie die Gefahr ein, dass es im Zuge der Corona-Krise zu solch einem Ladensterben kommt?

Das Thema Wiederbelebung der Innenstädte ist ja nicht neu. Die Corona-Krise wirkt nur wie ein Brennglas und macht die Probleme umso deut­licher. Wir haben erlebt, dass seit der Corona-Pandemie sehr viel mehr Geschäfte online getätigt werden. Wir müssen den Geschäftsinhabern in den Innenstädten daher helfen, ihre Kundenbeziehungen so zu digitalisieren, dass die Möglichkeiten des Onlinehandels auch den Mode­läden und Schuhgeschäften zugutekommen. Wenn zum Beispiel ein Kunde ein Markenhemd online bestellen möchte, sollte er das nicht unbedingt beim Hersteller tun müssen, sondern die Möglichkeit haben, zum gleichen Preis auch über den Einzelhändler seiner Wahl online zu kaufen.

Wie kann die Politik, wie können Sie einem Ladensterben entgegenwirken? Was muss – abgesehen von Finanzhilfen – geschehen, damit Einzelhändler wieder auf die Beine kommen beziehungsweise auf den Beinen bleiben?

Digitalisierung ist der entscheidende Punkt, und hier müssen wir aufholen. Daneben müssen wir aber kombiniert mit digitalen Angeboten attraktive Stadtteilkonzepte entwickeln, die dazu führen, dass die Stadt von den Menschen als Erlebnisraum wahrgenommen wird.

Welche Schritte sind dazu in der näheren Zukunft in Planung?

Wir haben im Bundeswirtschaftsministerium mit unserem sogenannten Kompetenzzentrum Handel schon verschiedene Ideen entwickelt und werden einen Prozess aufsetzen, um diese zu realisieren. Dazu werde ich im Herbst die Beteiligten in einem ersten Schritt an einen Tisch laden, um über die wirtschaftlichen Chancen von Digitalisierung für Innenstädte, für Einzelhändler, für die Gastronomie zu sprechen. Wir müssen als Bund bereit sein, notwendige Maßnahmen gemeinsam mit Kommunen und Ländern stärker zu unterstützen.

Fotos: SchreiberPötter, BPA/Steffen Kugler

Die Corona-Hilfen der Bundesregierung

Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums werden die staatlichen Instrumente zur Linderung der Corona-Folgen von der Wirtschaft stark nachgefragt. Bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gingen bis September Anträge mit einem Volumen von rund 54 Milliarden Euro ein – bewilligt wurden rund 45 Milliarden Euro. Zudem bewilligten die Bundesländer in den ersten Monaten der Krise 1,87 Millionen Anträge auf Soforthilfe bis 15 000 Euro für kleine Unternehmen, Kleinstunternehmen und Soloselbstständige mit einem Gesamtvolumen von mehr als 14 Milliarden Euro. Seit Juni ermöglichen die Überbrückungshilfen höhere Zuschüsse von bis zu 150 000 Euro. Bis Ende August wurden dafür 515 Millionen Euro bewilligt. Rund 94 Prozent der Anträge kamen aus dem Mittelstand und von Unternehmen mit bis zu 49 Beschäftigten.

Kompetenzzentrum Handel

Um die Weiterentwicklung vor allem kleinerer Geschäftsinhaber und des Mittelstands zu unterstützen, richtete das Bundeswirtschaftsministerium im Sommer 2019 das Kompetenzzentrum Handel ein – eines von insgesamt 26 »Mittelstand 4.0-Kompetenzzentren«. Das Kompetenzzentrum Handel will Geschäftsinhaber unterstützen, die ihr Unternehmen kurzfristig digitalisieren möchten – und zwar so, dass sie ihre Kunden auch vor Ort online versorgen können, zum Beispiel mit »Click & Collect« (Produkte werden online bestellt und im Geschäft abgeholt) oder mit der Lieferung von Onlinebestellungen nach Hause. Während der Corona-Krise nahm die Nachfrage nach Onlineseminaren und Sprechstunden des Kompetenzzentrums laut Bundeswirtschaftsministerium stark zu. kompetenzzentrumhandel.de

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