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»Wir geben die Schlüssel an T-Systems ab«

Viele Behörden oder Unternehmen arbeiten mit sensiblen Daten und dürfen diese häufig nicht in externen Rechenzentren speichern. T-Systems und Google Cloud wollen dieses Problem lösen und bieten gemeinsam eine »souveräne Cloud«. Was das ist? Ein Gespräch mit Frank Strecker von T-Systems und Daniel Holz von Google Cloud
7 Minuten Lesezeit

Herr Strecker, mittels Cloud Computing kann ich über das Internet auf die Leistung von Rechenzentren zugreifen. Wozu?

Frank Strecker, T-Systems: Zum Beispiel, damit Ihr Smartphone funktioniert. Viele Apps laufen in der sogenannten Cloud: Schon beim Öffnen greifen sie auf die Leistung von Prozessoren aus Rechenzentren zu, die zum Beispiel T-Systems oder Google betreiben.

Worin liegt bei diesem Vorgehen der Vorteil?

Strecker: Sie verwenden die Cloud nur, solange Sie die App nutzen. So sparen Sie Platz und Energie auf Ihrem Smartphone. Die Industrie macht es genauso, sie greift zum Beispiel bei datenbasiertem Arbeiten auf Rechenleistung zu, die in unseren Zentren auf Anfrage zur Verfügung steht.

Daniel Holz, Google Cloud: Der Vorteil für die Unternehmen liegt darin, dass sie zu jeder Zeit die Rechenkapazität bekommen, die sie brauchen. Sie zahlen diese Leistung nur, wenn sie benötigt wird.

Viele Unternehmen arbeiten mit Rechnern, die sie selbst gekauft und installiert haben. Was spricht gegen dieses etablierte Vorgehen?

Strecker: Die T-Systems zum Beispiel hat in der Vergangenheit viele Rechenzentren auf dem Gelände von Behörden oder Unternehmen eingerichtet und betreut sie auch. Es spricht grundsätzlich nichts gegen dieses Vorgehen. Mit der Digitalisierung aber entstehen Herausforderungen. Es kann zum Beispiel sein, dass Sie für neue Projekte mehr als Ihre vorhandene Serverleistung brauchen, weil Ihre Arbeit inzwischen noch stärker softwaregetrieben ist.

»Wenn wir Daten nicht sicher aufbewahren würden, hätten wir ein Glaubwürdigkeitsproblem«
Frank Strecker, T-Systems

Nennen Sie ein Beispiel.

Holz: Nehmen wir an, Sie sind ein großer Einzelhändler mit einem Onlineshop. In der Pandemie werden plötzlich Masken stark nachgefragt, und 10 000 Menschen wollen gleichzeitig in Ihrem Shop einkaufen – aber das geht nicht, weil Ihr System nur auf 500 gleichzeitig zahlende Kundinnen und Kunden ausgelegt ist. Um solche Situationen zu vermeiden, können Sie mit uns arbeiten: Wir können dynamisch Rechenleistung liefern und Sie damit genau dann, wenn Sie es brauchen, erfolgreich machen.

Strecker: Vielleicht wollen Sie aber auch Informationen mit Zulieferbetrieben oder Ihrer Kundschaft austauschen. Plötzlich stehen Sie vor neuen Fragen: Wo halte ich diese Daten vor? Wie bekommen andere einfach und sicher darauf Zugriff? Das intelligente Teilen von Daten wird zur Herausforderung. Denken Sie an das autonome Fahren. Alle Anbieter brauchen Informationen über den Verkehr, über Staus, über Umleitungen. Wo halten Sie diese Daten vor? Die Cloud ist eine Möglichkeit.

Holz: Abgesehen von den technischen Vorteilen, gibt es auch ökonomische. Wenn Sie kein eigenes Rechenzentrum unterhalten, sparen Sie sich das Gebäude, die Miete, die Wartung, das Fachpersonal, Lizenzen und vieles mehr. Außerdem betreiben wir die Google Cloud komplett CO2-neutral: Mit der Nutzung leisten Sie auch einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit.

So attraktiv das klingt, viele mögliche Kundinnen oder Kunden bleiben dennoch verhalten, weil sie Sorge um die Sicherheit ihrer häufig sensiblen Daten haben.

Holz: Generell haben wir ganz klare Richtlinien, die Daten gehören nur den Kundinnen und Kunden, es gibt keine Hintertüren. Ihre Daten gehören allein Ihnen, sie sind bei uns verschlüsselt und sicher aufbewahrt.

Strecker: Ich kenne all die Autozulieferer, all die Maschinenbauer im Schwäbischen, für die das technologische Wissen zum Kern ihres Geschäftes gehört. Wenn wir deren Daten nicht sicher aufbewahren würden, hätten wir ein Glaubwürdigkeitsproblem.

Nun stellen T-Systems und Google Cloud gemeinsam eine zusätzlich abgesicherte Cloud zur Verfügung. Wie genau kann ich mir das vorstellen?

Strecker: Wir bieten die Google-Cloud-Technologie an und stellen durch die zusätzlichen Maßnahmen der T-Systems sicher, dass aus der Cloud eine souveräne Cloud wird.

Was ist eine souveräne Cloud?

Holz: Google Cloud gibt im Rahmen dieser Kooperation die Schlüssel an T-Systems ab.

Das heißt?

Strecker: Die Souveränität wird in mehreren Stufen zur Verfügung gestellt werden. Wir verschlüsseln die Daten, damit niemand Unbefugtes etwas damit anfangen kann. Wir werden gemeinsam mit Google Code-Reviews machen können, um mögliche Sicherheitslücken zu suchen. Und wir werden auch den Zugang zum Rechenzentrum kontrollieren können, aus dem die souveräne Cloud angeboten wird. Wir bauen, wenn Sie so wollen, um das Rechenzentrum von Google eine weitere Sicherheitskuppel.

Stehen die entsprechenden Server auch in Deutschland?

Strecker: Ja, wir machen nur Verträge, die sich auf die Google-Rechenzentren in den Regionen Frankfurt und Berlin beziehen.

Sie werben damit, dass Sie gemeinsam Datensouveränität, operationale Souveränität und Software-Souveränität anbieten. Was bedeutet das?

Holz: Datensouveränität bedeutet, dass wir volle Transparenz im Umgang mit allen Daten wahren. Gleichzeitig haben unsere Kundinnen und Kunden ihre Daten voll und ganz selbst unter Kontrolle – inklusive der Schlüssel. Operationale Souveränität bedeutet zum Beispiel, dass ein Partner wichtige Teile der Plattform anstelle von Google betreibt. Und Software-Souveränität bedeutet, dass er im extrem unwahrscheinlichen Krisenfall auch mit anderen Anwendungen unabhängig von Google weiterarbeiten kann.

»Ihre Daten gehören allein Ihnen, sie sind bei uns verschlüsselt und sicher aufbewahrt«
Daniel Holz, Google Cloud

Sie bieten die souveräne Cloud bewusst für Behörden oder das Gesundheitswesen an. Weshalb?

Holz: Gerade bei der öffentlichen Hand schreibt das Gesetz vor, dass Daten zum Beispiel lokal vorgehalten werden müssen. Verschlusssachen etwa dürfen nur in bestimmten Rahmenbedingungen auf externen Servern verarbeitet werden. Deshalb bieten wir mit der T-Systems eine souveräne Cloud an: Mit unseren zusätzlichen Maßnahmen wollen wir diese Auflagen erfüllen.

Wo könnte mir als Bürgerin oder Bürger die souveräne Cloud im Alltag nutzen?

Holz: Denken Sie an eine Kommune, die eine Bürgerinformations-App betreiben möchte und dafür Datenquellen in Echtzeit über die Cloud zusammenführen könnte: Dieser Prozess ließe sich wunderbar digital abbilden, mit der Cloud ließen sich die Informationen in Echtzeit verknüpfen, es ließe sich ein sicherer und effizienter Austausch von Daten zwischen unterschiedlichen Institutionen bewerkstelligen.

Im Rahmen des von Deutschland und Frankreich initiierten Projektes Gaia-X, in dem Wirtschaft, Politik und Forschung kooperieren, soll derzeit eine »vertrauenswürdige Dateninfrastruktur für Europa« entstehen. Wie stehen Sie mit Ihrer Zusammenarbeit zu Gaia-X?

Strecker: Wir gehören zu den Gründern der Initiative und wollen dem Hochtechnologiestandort Deutschland mit der richtigen Technologie helfen. Unsere souveräne Cloud kann ein wichtiger Baustein für Gaia-X sein. Denn es geht darum, eine offene Infrastruktur aufzubauen, bei der Nutzerinnen und Nutzer wählen können, welches konkrete Angebot für sie das beste ist.

Holz: Google Cloud ist auch von Beginn an Mitglied bei Gaia-X. Die Ziele des Projektes geben auch einen Rahmen vor, an dem wir uns beim Aufbau der souveränen Cloud orientieren.

Aus einem Austausch wurde eine Partnerschaft: Frank Strecker von T-Systems (links) und Daniel Holz von Google Cloud beim Meeting.

Wie möchten Sie Ihre Arbeit und Ihre Kooperation künftig weiterentwickeln?

Strecker: Ich kenne kaum ein tolles Produkt, das allein aus einem Land kommt. Ähnlich ist es bei unserer Zusammenarbeit. Wir wollen in diesem Geist im Google Cloud Innovation Center in München gemeinsam weitere Lösungen mit Industriepartnern entwickeln.

Holz: Diese Partnerschaft wird mit Sicherheit die Architektur der Cloud der Zukunft beeinflussen: Die souveränen Lösungen aus Europa werden in die gesamte Cloud-Entwicklung einfließen. Wir bauen eine Cloud nach deutschen beziehungsweise europäischen Maßstäben.

Sie beide sehen im Rahmen Ihrer Arbeit den Stand der Digitalisierung in Deutschland. Wie ist Ihr Eindruck?

Strecker: Ich hoffe, wir geben einen Impuls zu mehr Geschwindigkeit. Wir reden viel und fragen uns: »Was wäre, wenn?« Viel wichtiger wäre es, einfach loszulegen, einfach loszufahren und während der Fahrt in die Digitalisierung zu sehen, was funktioniert und was nicht. Stattdessen denken wir noch vor dem Start nach, ob in 300 Kilometer Entfernung wohl eine Weiche richtig gestellt ist. Diese Vorsicht hemmt die Dynamik unserer Entwicklung.

Holz: Das kann ich nur bestätigen. Vielleicht erzeugen wir mit unserer Partnerschaft neue Optionen für Behörden und für Unternehmen in Deutschland und tragen auf diese Weise zur Modernisierung des Landes bei.

Googles Infrastruktur für alle

Im Jahr 2008 kündigte Google an, die eigene Infrastruktur auch anderen zugänglich zu machen. Seitdem können zum Beispiel Unternehmen die ähnlichen Rechenzentren nutzen, mit denen auch die Google Suche oder YouTube betrieben wird. Neben der reinen Datenspeicherung bietet Google Cloud aber auch Datenanalyse-Services oder Anwendungen des maschinellen Lernens.

Fotos: Marina Rosa Weigl

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