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» Berechtigte Bedenken «

Sergey Brin und Larry Page gründeten Google, Sundar Pichai steht heute an der Spitze des Unternehmens. Zusammen setzen sie sich für einen verantwortungsvollen Umgang mit den Chancen der künstlichen Intelligenz ein

Vor zwanzig Jahren stellten Sergey Brin und Larry Page der Öffentlichkeit die Suchmaschine google.com vor. Das Unternehmen ist seither gewachsen und hat sich immer wieder neu erfunden: Viele Tausend Menschen arbeiten mittlerweile auf der ganzen Welt für Google. Sie verbessern und vermarkten die Suchmaschine und arbeiten an Technologien der Zukunft. Und jedes Jahr formuliert einer der beiden Gründer den sogenannten Founders’ Letter, einen Brief dazu, wie die Zukunft von Google aussehen könnte.

Im aktuellen Founders’ Letter blickt Sergey Brin mit Staunen auf die Entwicklung der Computer. »Nie waren die Rechenleistung und damit die Möglichkeiten, auch komplexe und wichtige Probleme computergestützt zu lösen, größer als heute«, schreibt Brin. Durchaus üblich seien inzwischen Computer mit einer Leistung von 20 Billionen Gleitkommaoperationen pro Sekunde. Solche Prozessoren sind 200 000-mal schneller als ihre Ahnen von vor 20 Jahren. »Und selbst diese erstaunlichen Leistungssteigerungen könnten durch Quantencomputer in den Schatten gestellt werden«, fährt Brin fort. »Ein erfolgreicher Prototyp unseres 72-Qubit-Prozessors hätte eine Rechenleistung, die der von Millionen konventioneller Computer entspräche.«

Wir verspüren eine tief sitzende Verantwortung, keine Fehler zu machen

Sundar Pichai CEO Google

Interessant werden diese Zahlen, wenn man sie ins Verhältnis zur Entwicklung der künstlichen Intelligenz setzt. Das Wissen um maschinelles Lernen gibt es schon seit Jahrzehnten. Aber lange Jahre fehlte es an Rechenleistung, um all die Möglichkeiten zum Leuchten zu bringen. »Als wir unser Unternehmen gründeten, waren neuronale Netzwerke eine vergessene Fußnote der Informatik, ein Überbleibsel des KI-Winters der 80er-Jahre«, schreibt Sergey Brin. »Heute jedoch findet diese umfassende Technologie in erstaunlich vielen Bereichen Anwendung.« Brin zitiert die Bilderkennung bei Google Fotos, die Spracherkennung bei Google Home, die Übersetzung zwischen mehr als 100 Sprachen bei Google Übersetzer oder die automatische Untertitelung von über einer Milliarde Videos in zehn Sprachen auf YouTube. Diese Beispiele zeigen, wie sehr künstliche Intelligenz schon Einzug in unseren Alltag genommen hat. Sie belegen aber auch, wie viele solcher Anwendungen bei Google entstehen.

Google-Chef Sundar Pichai wünscht sich, dass künftig alle Projekte seines Hauses einer Art Kodex folgen. Künstliche Intelligenz bei Google: Unsere Prinzipien betitelte er einen entsprechenden Blogpost. Pichai geht in seinem Text zunächst auf den Nutzen der künstlichen Intelligenz ein: Ärzte lassen sich vom Computer bei der Krebsdiagnose helfen, Landwirte nutzen Anwendungen, um die Gesundheit ihrer Tiere zu überwachen. Künstliche Intelligenz hat das Zeug, unsere Gesellschaft nachhaltig zu verändern. »Als Marktführer in der künstlichen Intelligenz verspüren wir eine tief sitzende Verantwortung, hier keine Fehler zu machen«, schreibt Sundar Pichai. »Deshalb veröffentlichen wir sieben Prinzipien, die unsere künftige Arbeit formen sollen.«

Diese sieben Prinzipien sollen künftig den Umgang von Google mit künstlicher Intelligenz prägen

Nach Pichais Worten muss künstliche Intelligenz der Gesellschaft nutzen (1), muss Vorurteile und Voreingenommenheit vermeiden (2), muss sicher sein (3), soll zur Rechenschaft gezogen werden können (4), soll die Privatsphäre respektieren (5), soll höchsten wissenschaftlichen Standards genügen (6) und nur für Anwendungen genutzt werden, die den vorangehenden Prinzipien genügen (7). Natürlich ist das die kürzest denkbare Fassung von Pichais Worten. Den ausführlichen Text lesen Sie hier.

Damit aber nicht genug. Google und Sundar Pichai gehen noch weiter. In einem Nachklapp formuliert Pichai KI-Anwendungen, denen wir nicht nachgehen werden. Technologien, die Schaden verursachen, werden genauso wenig unterstützt wie zum Beispiel Waffentechnik oder Technologien, die dazu angetan sind, Menschenrechte oder internationale Rechte zu brechen. »Wir glauben, dass diese Prinzipien die richtige Grundlage für unser Unternehmen und die künftige Entwicklung der KI sind«, schreibt Sundar Pichai.

In seinem Founders’ Letter geht Sergey Brin auch ganz bewusst auf die Bedenken ein, die die Entwicklung von künstlicher Intelligenz begleiten. »Es gibt weltweit sehr berechtigte und relevante Bedenken, was die Auswirkungen und Konsequenzen dieser technologischen Fortschritte betrifft. Die Debatte hierum ist wichtig«, schreibt Brin, um dann einen wichtigen Satz zu formulieren: »Auch wenn ich das Potenzial der Technologie, uns bei den weltweit wichtigsten Problemen zu helfen, sehr optimistisch einschätze, erfordert dieser Ansatz von uns höchstes Verantwortungsbewusstsein, Achtsamkeit und Demut.«

Illustration: Birgit Henne

Fotografie: Google Inc.

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