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Wie man Daten verpackt und mitnimmt

Persönliche Daten auf den heimischen Computer laden oder von einem Anbieter zum anderen übertragen? Mit dem Google-Dienst »Daten herunterladen« ist beides möglich. Ein Gespräch mit Stephan Micklitz und Greg Fair

Herr Micklitz, Herr Fair, Sie sind bei Google unter anderem für den Dienst »Daten herunterladen« zuständig. Was genau ist das für ein Tool?

Stephan Micklitz, Entwicklungschef für Sicherheit und Datenschutz: Mit »Daten herunterladen« können Sie beispielsweise Fotos, Kontakte, E-Mails, Kalendereinträge oder Musikdateien, die bei Google gespeichert sind, auf Ihren Rechner laden oder zu einem anderen Anbieter übertragen.

Greg Fair, Produktmanager von »Daten herunterladen«: Meine Frau und ich haben zwei Kinder und dementsprechend – wie wohl alle Eltern – viele Fotos von ihnen. 600 Gigabyte, um genau zu sein. Als einmal unsere Festplatte mit den Fotos kaputtging, war ich heilfroh, dass ich sie komplett bei Google Fotos gespeichert hatte. So konnte ich die Bilder mit »Daten herunterladen« ganz einfach auf eine neue Festplatte spielen.

Greg Fair kümmert sich als Produktmanager unter anderem um das Tool »Daten herunterladen«, mit dem Nutzer ihre Daten von Google herunterladen oder zu anderen Anbietern übertragen können.

Wozu verwenden die Nutzer »Daten herunterladen«?

Fair: In der Regel machen sie ein Back-up der Daten, die bei Google gespeichert sind…

Micklitz: ...was ein bisschen irrational ist, weil die Daten bei Google eigentlich viel sicherer verwahrt sind als bei den meisten von uns zu Hause.

Fair: Zu Hause pinkelt vielleicht die Katze auf die Festplatte, oder die Kinder machen sie kaputt, oder es gibt ein Feuer. Bei Google ist jede Datei mehrfach auf verschiedenen Servern gespeichert. Sicherer geht es nicht.

Und trotzdem speichern Sie Ihre Daten auf einer Festplatte, Herr Fair!

Fair: Das liegt in dem Fall daran, dass meine Frau Bildverarbeitungsprogramme verwendet, bei denen es unpraktisch ist, wenn die Bilder in der Cloud liegen.

Bei Google ist jede Datei mehrfach auf verschiedenen Servern gespeichert. Sicherer geht es nicht.

Greg Fair

Verstehe.

Micklitz: Aber ich zum Beispiel benutze solche Programme nicht – trotzdem speichere ich meine Bilder zusätzlich auf einer Festplatte. Es sind meine Daten, deswegen will ich auch eine physische Kopie davon besitzen.

Warum handeln Sie selbst so irrational?

Micklitz: Fotos zum Beispiel sind ja etwas sehr Persönliches und Emotionales. Viele Erinnerungen sind damit verbunden. Als Nutzer will ich mich an der Stelle nicht von einem einzelnen Unternehmen abhängig machen – selbst wenn ich für dieses Unternehmen arbeite. Deshalb sind Portabilitätsdienste wie »Daten herunterladen« so wichtig: Sie geben unseren Nutzern die Möglichkeit, jederzeit über die Daten zu verfügen, die ihnen gehören, auch wenn sie gerade bei Google in der Cloud liegen.

Seit wann ist Portabilität bei Google ein Thema?

Fair: Seit über einem Jahrzehnt. Anfangs entwickelten wir individuelle Daten-Portabilitätsdienste. 2011 kam dann Googles zentralisierte Lösung Takeout heraus – so hieß der Dienst damals. In der Zwischenzeit haben wir immer mehr Google-Dienste integriert, und heute unterstützt »Daten herunterladen« mehr als 40 von ihnen.

Viele Nutzer laden ihre Daten zwar auf ihren Rechner, zu anderen Diensten übertragen sie sie jedoch seltener. Woher kommt dieses Ungleichgewicht?

Fair: Mittlerweile kann man Daten von Google zu Dropbox, Box oder zu Microsoft Office 365 übertragen – und umgekehrt natürlich auch. Viele andere Mitbewerber bieten diese Möglichkeit noch nicht. Um das zu ändern, haben wir 2017 das Data Transfer Project ins Leben gerufen und im Juli 2018 offiziell verkündet. Dabei handelt es sich um ein Open-Source-Projekt, das Unternehmen kostenlos Programmcodes für Portabilitätsfunktionen bereitstellt und so eine nahtlose Übertragung von Daten von einem Service zum nächsten möglich macht.

Micklitz: Nehmen wir an, ein Start-up entwickelt einen tollen neuen Dienst. Für die kleine Firma wäre es aufwendig, eine eigene Portabilitätslösung zu schaffen. Stattdessen kann sie zum Data Transfer Project gehen und die entsprechenden Codes in die eigene Software übernehmen.

Stephan Micklitz (rechts) ist als Entwicklungsleiter weltweit für die Bereiche Sicherheit und Datenschutz bei Google verantwortlich. Er studierte an der Technischen Universität München Informatik und arbeitet seit Ende 2007 bei Google in München.

Ist es denn in Ihrem Interesse, wenn ich zu einem anderen Anbieter umziehe?

Fair: Wir wollen ja, dass Sie Google-Dienste benutzen, weil sie die besten sind – und nicht, weil Sie denken, dass Ihre Daten woanders unbrauchbar sind.

Die Datenschutzgrundverordnung, die im Mai 2018 in Kraft getreten ist, enthält Vorschriften zur Portabilität von Daten. Mussten Sie »Daten herunterladen« anpassen, um den Vorgaben zu genügen?

Fair: Als wir die Verordnung 2016 zum ersten Mal durchlasen, dachten wir: Bei der Portabilität stehen wir schon ziemlich gut da. Zu dem Zeitpunkt hatten wir uns schon eine ganze Weile intensiv damit beschäftigt.

Micklitz: Wir finden es gut, dass das Thema endlich die Aufmerksamkeit erhält, die es verdient. Im Moment ist Portabilität noch ein Nischenthema, für das sich noch nicht viele Nutzer interessieren. Aber wir glauben, dass sich das in ein paar Jahren ändern wird.

Meine Kinder sollen später einmal Schnappschüsse aus ihrer Kindheit haben, genauso wie ich sie auch besitze.

Stephan Micklitz

Weshalb?

Micklitz: Die Leute fangen ja gerade erst an, ihre Daten in der Cloud zu speichern. Aber nehmen wir einmal an, ein Unternehmen geht pleite, und Ihre Daten liegen auf den Servern dieser Firma. Dann wollen Sie doch die Möglichkeit haben, diese Daten zu retten. Das hat auch etwas mit der Haltbarkeit von Daten zu tun. Meine Kinder sollen später einmal Schnappschüsse aus ihrer Kindheit haben, genauso wie ich mir die vergilbten Fotoabzüge meiner Eltern ansehen kann.

Sie wollen, dass digitale Fotos die gleiche Haltbarkeit haben wie analoge?

Micklitz: Ja. Auch das gehört im weiteren Sinne zum Datenschutz: dass ich Daten, die ich heute speichere, in 50 Jahren auch noch verwenden kann.

Fotografie: Conny Mirbach

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