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»Roboter bringen Arbeitsplätze zurück«

Professor Wolfgang Wahlster leitet das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz. Ein Gespräch über Nutzen und Grenzen von klugen Maschinen und die Forschung in Deutschland

Herr Wahlster, was ist das, künstliche Intelligenz?

Es ist der Versuch, Leistungen, für die der Mensch Intelligenz benötigt, auch durch Computer erbringen zu lassen.

Geht es darum, Menschen zu kopieren?

Nein, es geht gerade nicht darum, mit einem künstlich geschaffenen Wesen den Menschen mit all seinen Defiziten zu kopieren. Es geht vielmehr darum, uns in Bereichen, in denen wir Schwächen haben, durch künstliche Intelligenz (KI) zu unterstützen.

Wo zum Beispiel?

Wir haben heute beim Sehen, Hören oder Riechen KI-Systeme, die bestimmte Aufgaben besser erledigen als der Mensch. Aber besonders bei repetitiven Aufgaben und der gleichzeitigen Verfolgung vieler paralleler Anforderungen ist die KI im Vorteil.

Und was können wir besser?

Alles, was mit sozialer und emotionaler Intelligenz, also dem klugen Umgang mit anderen, zu tun hat. Wenn Roboter Fußball spielen, dann ist es mühsam, ihnen das Abgeben des Balls beizubringen. Teamplay kennen sie zunächst nicht, alle rennen auf das Tor zu und wollen selber den Treffer erzielen.

Aber gibt es gerade bei der emotionalen Intelligenz nicht auch Fortschritte?

Inzwischen erkennt künstliche Intelligenz anhand der Sprache und Mimik, ob jemand frustriert oder aggressiv ist. Aber das funktioniert noch lange nicht so subtil wie bei Menschen. Und Emotionen werden Computer wohl selbst nie vergleichbar zum Menschen entwickeln, weil Gefühle nun mal auf Hormonen basieren – und die kennen wir in der Elektronik nicht. Und dann ist da noch die Sensomotorik! In allem, was der Mensch mit seinen Händen ertastet und wie er darauf reagiert, ist er unübertroffen.

Wo sehen Sie in unserem gegenwärtigen Alltag künstliche Intelligenz?

Natürlich in den Assistenten, die wir nutzen: der Google Assistant, Siri, Alexa oder Cortana. Künstliche Intelligenz steckt auch in den Heimrobotern, etwa im automatischen Rasenmäher. Am besten kann man die Entwicklung aber an den Fahrerassistenzsystemen sehen. Diese machen heute Voraussagen dazu, wann Sie ankommen; sie ermitteln, wo Staus sind, planen Ausweichrouten, erkennen Verkehrszeichen und berücksichtigen Ihr Fahrverhalten. Dazu die Sprachsynthese: Wie viele Straßennamen es in Deutschland gibt, die auch noch verständlich ausgesprochen werden – das ist ein gewaltiger Sprung!

Und wie nutzen Unternehmen in Deutschland künstliche Intelligenz?

Bei uns liegt der Fokus auf der KI in den Fabriken, der Industrie 4.0. Wir sind sehr gut im Bereich der kooperativen Roboter, die Hand in Hand mit dem Menschen im Team arbeiten. Beispiele gibt es hier schon in der Flügelmontage bei Flugzeugen oder in der Unterbodenmontage bei Autos. In der Medizintechnik nutzen wir künstliche Intelligenz für Restnervenimpulse in intelligenten Prothesen: Ein Ziel ist, dass wir Gelähmten helfen, wieder zu gehen. In der Landwirtschaft hilft künstliche Intelligenz den Bauern, ihre Kartoffelernte zu optimieren und den besten Preis zu erzielen.

Aber gerade in der Industrie fürchtet man die künstliche Intelligenz als Jobkiller.

Natürlich gibt es heute keine Fotolaboranten mehr, weil wir Digital fotografieren. Trotzdem sind in dieser Branche allein wegen des Umsatzes mit Fotobüchern viele neue Berufe entstanden. Roboter bringen Arbeitsplätze zurück, weil durch Industrie 4.0 Fabriken aus Billiglohnländern zurück nach Deutschland verlagert werden. So spart man Logistikkosten, und der Kunde bekommt individualisierte Waren schneller.

Wir brauchen künstliche Intelligenz, die eine alternde Gesellschaft unterstützt

Wolfgang Wahlster Direktor Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz

Und was ist mit der Dienstleistungsbranche?

Im Banken- oder Versicherungsbereich lässt sich noch vieles automatisieren. Trotzdem haben wir einen eklatanten Fachkräftemangel. Deshalb werden sich Jobs etwa in die Pflege verlagern. Dort brauchen wir viel mehr Menschen – und zugleich künstliche Intelligenz, die eine alternde Gesellschaft unterstützt.

Wie sollte die intelligente Maschine Ihrer Träume aussehen?

Ich denke an ein automatisiertes Tagebuch, das – nur für mich – meine Erlebnisse in Bild und Ton speichert und jederzeit wieder auffindbar macht. Das wäre eine Riesenbereicherung. So könnten Schüler von heute später sehen, was ihre Eltern zum Abiturzeugnis sagten.

Wann wird ein solches Tagebuch Realität?

Ich glaube, dass wir das in den nächsten zehn Jahren schaffen.

Illustration: Birgit Henne; Foto: Jim Rakete

Weiterführender Link

www.dfki.de

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