So retten Ärzte, Kurierfahrer und Blutspender gemeinsam Leben in ganz Afrika
So retten Ärzte, Kurierfahrer und Blutspender gemeinsam Leben in ganz Afrika
Diese Geschichte wurde in einer früheren Fassung bereits 2019 veröffentlicht. Wir haben sie um einen neuen Dokumentarfilm ergänzt, in dem gezeigt wird, wie LifeBank gegen die Ausbreitung des Coronavirus in Nigeria kämpft.
Um das Problem mit den fehlenden Blutkonserven in ihrer Heimat Nigeria lösen zu können, benötigte Temie Giwa-Tubosun dringend Zugriff auf Karteninformationen. Hier kam Google ins Spiel: Informationen zu organisieren und allen zugänglich zu machen, ist uns ein wichtiges Anliegen – und genau solche Projekte sollen dadurch ermöglicht werden. Mithilfe von Google Maps Platform war Temie jetzt in der Lage, ein System zu entwickeln, das Blutbanken und Krankenhäuser miteinander vernetzt. Die Lieferzeiten konnten dadurch von 24 Stunden auf noch nicht einmal 45 Minuten verkürzt werden.
Wenn jemand blutet, besteht oft schon nach 20 bis 120 Minuten Lebensgefahr. Es bleibt also nicht viel Zeit zu handeln.
Temie Giwa-Tubosun
Im Januar 2016 hat Temie LifeBank offiziell vorgestellt. Sie war zu diesem Zeitpunkt keine Unbekannte, denn sie hatte sich schon vorher intensiv für das Thema "Gesundheit von Müttern und Kindern in Nigeria" eingesetzt. Mit ihrer App wollte sie jetzt vor allem ein Ziel vorantreiben: Blutkonserven sollten so schnell wie möglich zu den Patienten gelangen, die sie dringend benötigten. Die Idee dazu entstand 2014, als Temie mit ihrem Sohn schwanger war. Damals lebte sie in Lagos, ihre Eltern waren jedoch in die USA ausgewandert. Weil Temie ihre Mutter bei der Geburt dabei haben wollte, reiste sie zu ihr.
In der 30. Schwangerschaftswoche wurde Temie für einen Notfallkaiserschnitt ins Krankenhaus eingeliefert. Zum Glück konnten die Ärzte ihren Sohn Enafie sicher entbinden. "Wenn ich meinen Sohn in Lagos bekommen hätte, wäre ich möglicherweise an Blutungen nach der Geburt gestorben", stellte Temie fest.
Nigeria hat mit 19 % aller Todesfälle unter Müttern die vierthöchste Müttersterblichkeit der Welt. Postpartale Blutungen – also ein lebensbedrohlicher Blutverlust nach einer Geburt – ist hierbei die häufigste Todesursache. Das Fehlen einer Versorgungsinfrastruktur für Spenderblut in Nigeria verstärkt dieses Problem noch. "Als ich das erkannte, wusste ich: Ich muss alles tun, was in meiner Macht steht", erklärt Temie. Sie kehrte nach Lagos zurück – entschlossen, eine Lösung zu finden.
Blutspenden sind nur sechs Wochen haltbar. Häufig sind sie schon verdorben, bevor sie verwendet werden können, weil Ärzte einfach nicht wissen, wo sie die passende Blutgruppe finden. Temie erkannte, dass hier ein logistisches Problem vorlag: "Die Ärzte, die Blut brauchen, und die Blutbanken, die ihr Blut oft wegwerfen müssen, benötigten in erster Linie eine direkte Möglichkeit, miteinander zu kommunizieren." Um diese vorher voneinander getrennten Gruppen zu vernetzen, verwendete Temie Google Maps Platform. Sie kartierte alle Einrichtungen in Lagos, die die Verteilung von Blut regeln – von Krankenhäusern über Blutbanken bis hin zu den Kurierfahrern –, und hatte auf einmal die Lösung.
Früher mussten Krankenhäuser – und manchmal sogar die Familienangehörigen der Patienten – die Blutbanken nacheinander anrufen, um herauszufinden, ob die benötigte Blutgruppe vorrätig war. Wie schnell die einzelnen Blutbanken auf Anfragen reagierten, entschied häufig über Leben und Tod. Überforderte Ärzte und verzweifelte Verwandte wußten oft einfach nicht, wo sie rechtzeitig geeignetes Blut herbekommen sollten.
Wir verwenden Google Maps, um eine Kommunikationsplattform für Blutbanken, Krankenhäuser und Patienten zu schaffen – etwas, was es so noch nie gab.
Temie Giwa-Tubosun
Zur Lösung dieses Problems hat Temie in Zusammenarbeit mit 52 Blutbanken in Lagos ein Online-Blutdepot erstellt und kartiert. Ärzte können jetzt eine bestimmte Blutgruppe anfordern und die Lieferung sofort auf einer Karte nachverfolgen. Dank des Modells von LifeBank wird gespendetes Blut meistens schon innerhalb einer Woche verbraucht – dadurch wird fast kein Blut mehr verschwendet und Angebot und Nachfrage stimmen endlich überein.
Bevor es LifeBank gab, konnte es in Lagos mehrere Stunden, manchmal sogar Tage dauern, bis Blutkonserven für einen Patienten gefunden und ausgeliefert wurden. Mit LifeBank dauert es gerade einmal 45 Minuten von der ersten Anfrage bis zur Auslieferung der Blutkonserven. Temie meint dazu: "Ohne eine Technologie wie Google Maps wäre das nicht möglich."
Mir war bewusst, dass die Blutspender für dieses System von größter Bedeutung sein würden. Wenn man keine Blutkonserven hat, kann man schließlich auch keine verteilen.
Temie Giwa-Tubosun
Wie in vielen anderen Ländern ist es auch in Nigeria nicht einfach, Menschen dazu zu bewegen, Blut zu spenden. Ohne Blutspenden gibt es logischerweise aber auch keine Blutkonserven. Temie war klar, dass LifeBank nur dann funktionieren konnte, wenn mehr Leute bereit wären, Blut zu spenden. Vielleicht hilft es ein wenig, dass die Termine fürs Blutspenden schnell gemacht sind: Freiwillige können sie ganz bequem über LifeBank vereinbaren – auf einer Karte wird ihnen sofort die nächste Blutbank in ihrer Nähe angezeigt. Auch was sie genau erwartet, erfahren sie in der App.
Ich war auch einmal sehr krank – ich wäre damals fast gestorben. Deshalb kann ich nachvollziehen, wie es sich anfühlt, wenn man von jemandem Blut erhält. Blutspender setzen sich selbstlos für das Leben anderer Menschen ein.
Oluwaseun Adeolu LifeBank-Blutspender
LifeBank hat Spender mit wichtigen Ressourcen vernetzt und mittlerweile über 5.000 Blutspender registriert. Auf die Frage, wie sie so viele Freiwillige mobilisieren könne, sagte Temie nur: "Die Antwort darauf wird Sie wahrscheinlich überraschen. Die meisten bringen es einfach nicht übers Herz, "Nein" zu sagen – vor allem, wenn man ihnen klarmacht, was auf dem Spiel steht."
LifeBank hat bisher mehr als 22.000 Konserven Blut entnommen, über 400 Krankenhäuser beliefert und so mehr als 8.000 Menschenleben gerettet.
Update: Temie und ihr Team versorgen auch weiterhin Menschen in Not mit medizinischen Hilfsgütern. Momentan kämpfen sie an vorderster Front gegen die Ausbreitung des Coronavirus in Nigeria. LifeBank versorgt im Moment Krankenhäuser mit kostenlosem Sauerstoff zur Behandlung von COVID-19-Patienten. Zusammen mit lokalen Organisationen hat das Team außerdem in Lagos und Ibadan Drive-Thru-/Walk-In-Zentren eingerichtet, in denen man sich auf COVID-19 testen lassen kann. An diesem Modell für zentralisierte COVID-19-Tests kann sich ganz Afrika orientieren. LifeBank arbeitet auch an einer nationalen Datenbank für wichtige medizinische Ausrüstung, um Beatmungsgeräte und Intensivbetten für örtliche Krankenhäuser zu beschaffen und zu reparieren. Weitere Informationen finden Sie unter LifeBank.ng.
Wo kann ich Blut spenden?
Mit nur einer Spende können bis zu drei Leben gerettet werden. Finden Sie heraus, wo Sie in Ihrer Gemeinde sicher Blut spenden können.