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Etwas zurückgeben

Unternehmen sind nicht nur für ihren Gewinn verantwortlich, sondern auch für die Gesellschaft, in der sie wirtschaften. Viele sind sich dessen bewusst und engagieren sich heute für Soziales, Nachhaltigkeit, Bildung und Kultur. Eine kleine Übersicht zu den häufigsten Formen des Einsatzes

Für den Menschen: Verantwortungsvolle Unternehmen tragen dazu bei, dass es Mitarbeitern, Zulieferern oder Hilfsbedürftigen besser geht

Als Unternehmer wie Alfred Krupp im 19. Jahrhundert für ihre Mitarbeiter Werkswohnungen und Betriebskrankenkassen schufen, galten sie als ungewöhnlich sozial – obwohl sie im Gegenzug Gehorsam erwarteten. Heute sind freiwillige Sozialleistungen von der Kantine bis zur betrieblichen Altersversorgung für Millionen Beschäftigte in Deutschland auch ohne Vorbedingung selbstverständlich. Erst mit Verspätung setzte sich hingegen bei vielen Chefs die Einsicht durch, dass Verantwortung gegenüber Arbeitskräften nicht am Werkstor endet. Spätestens seit dem verheerenden Fabrikeinsturz in Bangladesch, bei dem 2013 über 1100 Textilarbeiter starben, beschäftigt diese Frage auch die breite Öffentlichkeit. Und tatsächlich dehnen immer mehr Unternehmen ihre sozialen Standards auf die gesamte Lieferkette aus. Soziale Netzwerke und neue digitale Technologien wie die Blockchain können hier für mehr Transparenz sorgen.

Vom Ursprung zum Laden: Die Blockchain, eine nicht manipulierbare Reihung von Datenblöcken, könnte den Weg eines Produkts bald vollkommen transparent machen – und damit auch die Bedingungen seiner Herstellung

Auch jenseits des Kerngeschäfts engagieren sich viele Firmen sozial – mal in Form von Geld- oder Sachspenden an soziale Einrichtungen und Initiativen, mal durch die Weitergabe von Know-how oder Dienstleistungen an konkrete Projekte. Manche Unternehmen setzen ihre Mitarbeiter ein, indem sie sie für ein Ehrenamt freistellen oder gleich mit der ganzen Belegschaft an Freiwilligentagen teilnehmen. Im Idealfall verschmelzen soziales Engagement und unternehmerisches Handeln, wie bei der Firma, die einst regelmäßig Geld an die örtliche Diakonie spendete. Sie ließ sich von einem Experten für unternehmerische Verantwortung beraten und ver­änderte dann ihren Einsatz: Heute stellt das Haus Menschen mit Behinderung ein, die zuvor in der Werkstatt der Diakonie arbeiteten.

Für die Umwelt: Viele Unternehmen setzen sich für ein besseres Klima und eine nachhaltige Produktion ein

Versmogte Metropolen, deren Bürger selten die Sonne sehen, stinkend braune Flüsse, in denen sich Menschen waschen müssen, kahl gerodete Flächen, auf denen einst tropischer Regenwald Tieren eine Heimat bot und außerdem die Luft reinigte: Weltweit leiden Umwelt und Bevölkerung unter menschgemachter Zerstörung, hinter der oft wirtschaftliche Interessen stehen. In der Region Peking etwa ist die Schwerindustrie für die Hälfte der Feinstaubbelastung verantwortlich. Doch auch bei uns gibt es viele Nachhaltigkeitsdefizite zu sehen: Die Pkw-Dieselaffäre ist ein aktuelles Beispiel dafür, dass auch Deutschland und seine Wirtschaft nicht nur aus Naturschützern besteht. Die gute Konjunktur hat den CO2-Ausstoß der Industrie im Jahr 2017 sogar steigen lassen. Insgesamt sind die deutschen Treibhausgasemissionen seit Jahren fast unverändert – das Klimaziel für 2020 ist praktisch nicht mehr erreichbar.

Welche Mitarbeiter fahren auf dem gleichen Weg allein zur Firma? Durch Apps und Plattformen lassen sich leicht Fahrgemeinschaften zusammenstellen. So werden schon auf dem Weg zur Arbeit Emissionen reduziert

Umso wichtiger ist es, dass sich die Wirtschaft intensiv für Nachhaltigkeit engagiert. Mehr als die Hälfte der 62 Milliarden Euro, die 2015 in Deutschland für Umweltschutz ausgegeben wurden, stammten bereits von Unternehmen. Die konkreten Maßnahmen reichen vom Tausch der Firmenbeleuchtung mit energiesparenden LED-Lampen über den Einsatz nachhaltiger Materialien und Ver­packungen bei neuen Produkten bis hin zur Ächtung klimaschädlicher Herstellungs­bedingungen. Digitale Technologien erleichtern es, Energie oder auch Mobilität effizienter zu nutzen: Zum Beispiel helfen Apps, das Klima in Räumen besser zu steuern oder Fahrgemeinschaften von Mitarbeitern zu bilden. Bei Freiwilligentagen packen Mit­arbeiter selbst an und pflegen Biotope oder befreien Parks von Müll. So wird unter­nehmerisches Engagement sichtbar und animiert vielleicht zum Nachmachen.

Für die Kultur: Egal ob Musik, Theater, Malerei – die meisten Sparten der Kunst erhalten Unterstützung aus der Wirtschaft. Davon profitieren Macher, Bürger und Unternehmer

Sie stehen auf Tickets, auf Theaterstühlen und manchmal sogar im Museumsnamen: Seit vielen Jahren ist es unübersehbar, dass Unternehmen die Förderung der Künste für sich entdeckt haben. Theater, Museen oder Konzertstätten erhalten Geld und benennen im Gegenzug den Sponsor als Förderer ihrer Kultur, der sich von der Namensnennung einen Prestigegewinn verspricht. Glaubt man aber den Unternehmen, dann ist diese Form der Imagepflege nur der zweitwichtigste Motivator für den Einsatz. In einer Um­frage geben 92 Prozent der verantwortlichen Akteure aus der Wirtschaft an, ihnen gehe es vor allen Dingen um die Übernahme gesellschaft­licher Verantwortung. »Ohne Kunst und Kultur ist eine freie und dynamische Gesellschaft undenkbar«, sagt Clemens Börsig, Vorsitzender des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft. »Deshalb hat sich die Wirtschaft dazu verpflichtet, in eine zukunftsorientierte Kultur in Deutschland zu investieren.«

Viele Museen, Theater- oder Opernaufführungen lassen sich auch von zu Hause aus besuchen. Möglich machen das digitale Plattformen wie »Google Arts & Culture« oder gesponserte Live-Übertragungen

Tatsächlich beschränkt sich das Engagement – an erster Stelle steht übrigens Musik, gefolgt von bildender Kunst und Theater – längst nicht auf Sponsoring. Viele Unternehmen handeln mäzenatisch, also ohne Gegenleistung, wenn sie direkt oder über Stiftungen spenden. Manche beleben den Kunstbetrieb durch eigene Aufträge, durch die Etablierung von Sammlungen oder den Bau von Museen sogar selbst. Oftmals trägt unternehmerisches Engagement auch zur Demokratisierung von Kultur bei: Wenn Unternehmen kostenlose Konzerte, Opern oder Museumstage ermöglichen, erleichtern sie die Verbreitung von Kunst. Davon profitie­ren auch Menschen, denen reguläre Kulturangebote schlicht zu teuer sind. In solchen Fällen dient das Engagement tatsächlich der ganzen Gesellschaft.

Für die Bildung: Die Wirtschaft steckt natürlich schon aus eigenem Interesse viel Geld in die Wissensvermittlung. Davon profitieren Schulen, Hochschulen und Initiativen

Maximal dreieinhalb Jahre dauert es in Deutschland, bis aus einem Schulabgänger ein Experte wird, zum Beispiel ein Mechatroniker, eine Informatikkauffrau oder ein Physik­laborant. Das System der dualen Berufsausbildung umfasst mehr als 340 Berufe und gilt international als vorbildlich. Möglich machen das rund 400 000 Betriebe, die sich hierzu­lande um den praktischen Teil der Berufsausbildung kümmern. Mehr als 25 Milliarden Euro geben sie jedes Jahr für Gehälter und Aus­bildung der Lehrlinge aus – das sind fast acht Milliarden Euro mehr, als die Azubis erwirtschaf­ten. Eine noch größere Summe, nämlich mehr als 33 Milliarden Euro pro Jahr, investieren deutsche Unternehmen in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. Sowohl Aus- als auch Weiter­bildung fördern die Firmen vor allem aus eigenem Interesse. Doch natürlich profitiert auch der einzelne Mitarbeiter von den erworbenen Fähigkeiten.

In digitalen Dingen haben Unternehmen oftmals mehr oder aktuellere Expertise als traditionelle Bildungseinrichtungen. Deshalb ist die Nachfrage nach Angeboten wie der Google Zukunftswerkstatt groß.

Und das Bildungsengagement der Wirtschaft beschränkt sich nicht auf die eigenen Mit­arbeiter. Es beginnt schon bei Kleinkindern, wenn Unternehmen etwa Kitas mit Experimentierkästen ausstatten. In der Schule setzt sich der Einsatz fort. Ein Schwerpunkt ist die Förderung des MINT-Bereichs, also der Kenntnisse in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Hier haben die Unternehmen in Deutschland besonders viel Bedarf an Nachwuchs. Direkt oder über Stiftungen sponsern viele Betriebe zum Beispiel technische Geräte, stellen Unterrichtsmaterial zu digitalen Themen zur Verfügung, unterstützen die Lehrerbildung oder fördern Programme wie »Jugend forscht«. Hochschulen wiederum profitieren, wenn Firmen Forschungsprojekte unterstützen oder gar Lehrstühle finanzieren. Und auch jenseits der klassischen Institutionen helfen Unternehmen, indem sie allgemein zugäng­liche Kurse über Online-Plattformen oder Schulungszentren anbieten.

Illustrationen: Giacomo Bagnara

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