Zeichnung von Menschen mit digitalen Geräten in Büros Zeichnung von Menschen mit digitalen Geräten in Büros

Chancen nutzen mit KI

Vom Start-up über den Mittelständler bis zum Großkonzern haben wir Vorreiter besucht, die in ganz unterschiedlichen Stadien der Implementierung von KI sind: Sie haben uns erzählt, welche Schritte wichtig sind, um KI in ihren Unternehmen einzuführen, und wie sie nun mit der Technologie produktiver arbeiten, ihre Vertriebskosten senken oder bessere Produkte entwickeln.

12 Minuten Lesezeit

330 Milliarden Euro – so viel könnte generative künstliche Intelligenz in Zukunft zur Bruttowertschöpfung in Deutschland beitragen. Das hat die Studie »Der digitale Faktor«, die IW Consult im Auftrag von Google durchgeführt hat, ergeben. Dafür müssten mindestens 50 Prozent der Unternehmen in Deutschland KI nutzen. Bislang setzen jedoch nur rund 17 Prozent entsprechende Technologien ein. Wie profitieren diese schon jetzt von künstlicher Intelligenz? Sechs Einblicke in deutsche Unternehmen – vom Start-up bis zum Großkonzern.

Sonja Buchholz und Bastian Kruse von Bosch Digital

Sonja Buchholz und Bastian Kruse haben bei Bosch den GenAI Playground eingeführt

Bosch – Eine KI, die den richtigen Ton trifft

Möglichst viel Nutzen für möglichst viele Kolleginnen und Kollegen – und das möglichst schnell: Die Idee zu ihrem KI-Projekt entwickelten Sonja Buchholz und Bastian Kruse bei einer Google-Konferenz im August 2023. Die beiden arbeiten im Marketing von Bosch Digital, der Digital-Einheit der Bosch-Gruppe, und wollten sich in San Francisco über die neuesten Cloud-Anwendungen schlaumachen. »Da wurde viel vorgestellt und gezeigt, was mit generativer KI möglich ist«, erinnert sich Buchholz. Zurück in Stuttgart reifte der Plan: Sie wollten eine Benutzeroberfläche bauen, die es Bosch-Mitarbeitenden ermöglicht, ganz einfach im Arbeitsalltag von KI zu profitieren.

Schnell schlossen sich die beiden mit Fachleuten von Google kurz und legten nach einer Art Crashkurs in Sachen generativer KI los. Innerhalb von nur zwei je dreiwöchigen Etappen entwickelten sie mit einem elfköpfigen Team und auf Basis der Anforderungen mehrerer Geschäftsbereiche von Bosch die erste Version ihres GenAI Playgrounds, einer KI-Benutzeroberfläche im Intranet von Bosch. Dort können Mitarbeitende KI-Anwendungen für Aufgaben nutzen, die mitunter sehr häufig anfallen: Bilder generieren sowie bearbeiten, Texte generieren und übersetzen sowie vieles mehr. Ein Beispiel: Durch die KI kann das Bild einer Bosch-Küche in kürzester Zeit und ohne zusätzlichen Fototermin in unterschiedliche Umgebungen »verpflanzt« und so für das Marketing in verschiedenen Märkten optimiert werden. »Wir wollen mit dem Playground eine einfache Möglichkeit anbieten, mit KI-Tools zu arbeiten«, sagt Kruse.

Sonja Buchholz und Bastian Kruse bei der Arbeit mit generativer KI

Bilder bearbeiten und generieren: zwei von vielen Aufgaben, bei denen die KI Bosch-Mitarbeitende unterstützt

Bei der Realisierung legten Kruse und Buchholz ein enormes Tempo vor. Der Trick: Statt die KI-Anwendungen von der Pike auf selbst zu entwickeln, setzen Kruse und Buchholz auf Gemini, das KI-Modell von Google. »Nicht die Technologie steht für uns im Vordergrund, sondern ihre wertstiftende Anwendung im Geschäftsalltag«, erklärt Kruse. Wichtig ist ihm auch, dass anders als bei öffentlich zugänglichen Systemen beim Playground die eingegebenen Daten im Unternehmen bleiben: »Das ist ein geschützter Ort, in dem sich Mitarbeitende sicher bewegen können.« Zudem kann der Playground Ergebnisse direkt im Design und in der spezifischen Tonalität verschiedenster Bosch-Marken ausgeben.

Als Kruse und Buchholz den neuen Playground vor mehreren Hundert Mitarbeitenden präsentierten, stießen sie auf große Resonanz. »Wir bekamen sehr viele Fragen«, erinnert sich Buchholz, »und es gab auch jede Menge Komplimente.« Hier und da schlug den beiden aber auch Skepsis aus der Belegschaft entgegen. »Manchmal hatten Kolleginnen und Kollegen überhöhte Erwartungen an die neuen Möglichkeiten«, sagt Buchholz. »Das birgt das Risiko, dass sie sich vorschnell von der Technologie abwenden.« Am Beispiel eines Marketingtextes, den der Playground generieren könnte, erklärt Buchholz, was sie meint: Die erste Textversion ist häufig noch nicht perfekt, oder es fehlen bestimmte Details. »Dennoch ist der Text eine hilfreiche Annäherung, mit der man weiterarbeiten kann«, sagt Buchholz.

Außenansicht eines Firmengebäudes von Bosch

Tatsächlich wird der Playground im Konzern schon jetzt intensiv genutzt. Innerhalb der ersten Testphase wurden über 274 000 Bilder generiert, 198 000 Bilder editiert, 29 000 Übersetzungen durchgeführt und 8000 Texte erstellt. Kruse und Buchholz entwickeln das Tool in Zusammenarbeit mit einem weltweiten Netzwerk aus Bosch-Marketingexperten kontinuierlich weiter. Sie liefern Feedback und äußern Wünsche zu nützlichen Funktionen. Gemeinsam können sie diese stetig verbessern: Unter anderem schafft es die Texterstellung der neuen Benutzeroberfläche heute, den Schreibstil einzelner Geschäftsbereiche exakter zu treffen. Das ist aber nur ein weiterer Zwischenschritt. »Generative KI entwickelt sich rasant weiter«, sagt Kruse. Der GenAI Playground ist nur eines von vielen stetig wachsenden KI-Projekten, die derzeit konzernweit im Gange sind.

Für Dr. Tanja Rückert, Mitglied der Bosch-Geschäftsführung und CDO bei Bosch, ist KI eine Schlüsseltechnologie. »Im Bereich KI haben uns die technologischen Durchbrüche ein vielversprechendes neues Kapitel eröffnet. Dieser Fortschritt wird nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche und auch Abläufe für Unternehmen beeinflussen – ähnlich wie die Erfindung des Computers«, sagt sie. »Dieses Potenzial nutzen wir bei Bosch für unsere Kunden und Mitarbeitenden.«

Philipp Schröder, CEO von 1KOMMA5°

Für Philipp Schröder, CEO von 1KOMMA5°, ist KI ein Schlüssel zur Energiewende

1KOMMA5º – Mit KI zu mehr sauberem
und günstigem Strom

Wärmespeicher füllen, wenn die Sonne scheint und der Wind weht: Das New Energy Start-up 1KOMMA5° revolutioniert die Energieversorgung von Wohn- und Gewerbeimmobilien. Statt auf fossile Brennstoffe wie Öl oder Gas zu setzen, elektrifiziert und dekarbonisiert das Hamburger Unternehmen Gebäude mit Solaranlagen, Wärmepumpen, Batteriespeichern und Ladesäulen für das E-Auto. Die von 1KOMMA5° eingebauten Energiesysteme werden über die KI-basierte Energie-Plattform »Heartbeat AI« gesteuert und an den Strommarkt angedockt. Gibt es überschüssigen Strom, werden Speicher und E-Autos geladen – oder er wird verkauft. »Unser Ziel ist es, jeden Stromverbrauch – von der Kaffeemaschine bis zum E-Auto – dank Speicher und intelligenter Steuerung an den Rhythmus von Sonne und Wind anzupassen, denn dann stellt uns die Natur günstige und saubere Energie zur Verfügung«, erklärt CEO Philipp Schröder.

Schon bei der Gründung von 1KOMMA5° war klar: Um jedes Energiesystem individuell optimieren zu können, ist KI ein wesentlicher Treiber. Die Plattform Heartbeat AI setzt auf Google Cloud und deren Daten- und KI-Kompe­tenzen, um eigene Modelle zu trainieren. Diese entscheiden auf Basis von Wetterdaten, individuellen Verbrauchsgewohnheiten und Strompreisen, wann beispielsweise der ideale Zeitpunkt ist, die Wärmepumpe einzuschalten. Der Erfolg: 40 Prozent der an Heartbeat AI und den dynamischen Stromtarif Dynamic Pulse angeschlossenen Eigenheime erhalten ihren Strom kostenlos.

Ist KI also der Schlüssel zu einer nachhaltigen Energiezukunft? Für Philipp Schröder ist die Antwort eindeutig: »Ja!« Die Energiewende erfordert einen Paradigmen­wechsel: weg von zentralen Kraftwerken, hin zu dezentralen Erzeugern und intelligent gesteuerten Verbrauchern, die Sonne und Wind folgen. »KI ist das Werkzeug, um diese komplexe Herausforderung zu meistern«, so der 1KOMMA5°-Gründer.

Marc Kamradt von BMW bei einer Werkstour mit Monkeyway-Gründer Andreas Adam

Experten für digitale Zwillinge: Marc Kamradt (re.), Leiter des Tech Office München der BMW Group, mit Monkeyway-Gründer Andreas Adam

BMW Group – Wegbereiter für die industrielle KI

Maschinen, Werkzeuge, Gabelstapler, Behälter aller Art: Im komplexen Gefüge der Produktionshallen der BMW Group kommen zahllose Einzelteile zum Einsatz, in der Fachsprache »Assets« genannt. Wie sie sich in der laufenden Produktion verhalten und zusammenspielen, kann der Konzern schon vorhersagen, ehe eine Fabrik überhaupt den Betrieb aufnimmt. Das geht, weil die BMW Group die Automobilproduktion vollständig digitalisiert: Im neuesten Werk des Autobauers in Debrecen ist die Fahrzeugproduktion bereits zwei Jahre vor der tatsächlichen Inbetriebnahme im Jahr 2025 angelaufen – rein virtuell. Auch die Assets der existierenden Fabriken stellt die BMW Group in der virtuellen Welt lebensecht dar und ermöglicht so eine realitätsnahe Planung und Simulation. Durch die Hinterlegung von Metadaten kann sogar der physikalische Abnutzungsgrad von Assets simuliert und damit auch der Zeitpunkt berechnet werden, an dem beispielsweise ein Behälter ausgetauscht werden sollte.

Möglich machen das sogenannte digitale Zwillinge, detailgetreue virtuelle Nachbildungen der Produktionshallen und aller Assets, die sich darin befinden. Auf dieser Basis und im Zusammenspiel mit künstlicher Intelligenz können die rund 3000 Produktionsplanenden der BMW Group komplexe Abläufe oder Optimierungsideen virtuell simulieren und bewerten, bevor Änderungen in der realen Welt umgesetzt werden.

Behälter und andere Komponenten im virtuellen Modell

Dank KI lassen sich Behälter und andere Komponenten nahezu in Echtzeit in das virtuelle Modell übertragen

Marc Kamradt, Leiter Tech Office München bei der BMW Group, hat den Einsatz von digitalen Zwillingen im Unternehmen vor Jahren mit initiiert. Lange hatte er jedoch mit einer großen Herausforderung zu kämpfen: Fabriken und ihre Komponenten ändern sich ständig, und es kostete bislang viel Zeit, digitale Zwillinge zu erstellen und sie immer wieder auf den aktuellen Stand zu bringen. Den entscheidenden Durchbruch brachte Vertex AI, eine Plattform von Google Cloud, auf der sich KI-Anwendungen trainieren und bereitstellen lassen. »Dank Vertex AI können wir neue Assets aus unserer Fertigung nahezu in Echtzeit in das virtuelle Modell übertragen«, sagt Kamradt. Scanner erfassen die Hallen und Produktionsanlagen und bilden sie als sogenannte Punktwolken ab. Vertex AI klas­sifiziert die Teile auf den Bildern und wandelt die Punktwolke in ein präzises 3D-Modell um. »So werden digitale Zwillinge mit all ihren Vorteilen erst sinnvoll einsetzbar für die Industrie«, sagt Kamradt.

Digitaler Zwilling einer Produktionshalle von BMW

Einblicke in die Arbeit mit digitalen Zwillingen in einer virtuellen Produktionshalle der BMW Group

Um die Abläufe in den Produktionshallen zu optimieren, ist es wichtig, hypothetische Wenn-Dann-Szenarien durchzuspielen, ohne dabei Produktionsunter­brechungen zu riskieren. Damit die Teams das von verschiedenen Standorten gemeinsam simulieren können, erhält die BMW Group Unterstützung von einem weiteren Partner. »Mit unserer Streaming-Technologie können mehrere Mitarbeitende gleichzeitig und auf unterschiedlichen Endgeräten mit den neuen digitalen Zwillingen arbeiten«, erzählt Monkeyway-Gründer und -Geschäftsführer Andreas Adam.

Damit auch andere von den Erfahrungen des Premium-Automobilherstellers profitieren können, hat die BMW Group SORDI.ai ins Leben gerufen, einen Open-Source-Datensatz mit mehr als einer Million fotorealis­tischer Bilder. Sie zeigen rund 120 Assets aus der indus­triellen Fertigung in unterschiedlichsten Zuständen, vom Gabelstapler bis zur Kunststoffkiste. Weil Behälter und viele andere industrielle Assets standardisiert sind, sind die digitalen Zwillinge dieser Assets für Produktionsplanende auf der ganzen Welt interessant. »Wir wollen den weltweit größten Industriedatensatz erstellen«, sagt Kamradt. Damit ebnet die BMW Group anderen Unternehmen den Weg in die industrielle KI und bekommt laut dem Chef des Tech Office viel zurück. Denn je mehr Partner dazu beitragen, desto schneller wächst die offene Bibliothek – womit es für alle leichter wird, immer bessere digitale Zwillinge zu erstellen und so die industrielle Planung weiterzuentwickeln.

Prof. Jens Scholz vom UKSH im Gespräch mit einem Mitarbeiter

Prof. Jens Scholz will die Prozesse im UKSH mit KI optimieren

UKSH – KI in der Medizin

Es sind deutliche Worte: »Eine Klinik, die sich heute nicht konkret mit künstlicher Intelligenz auseinandersetzt, ist nicht im 21. Jahrhundert angekommen.« Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Jens Scholz, CEO des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), weiß, dass im Gesundheitswesen dringend Modernisierungen nötig sind. »Allein im vergangenen Jahr wurden im UKSH eine halbe Million Menschen versorgt«, sagt Scholz. »Hier könnte künstliche Intelligenz Prozesse für alle Beteiligten verbessern – zum Beispiel in der Notaufnahme.« In einer Pilotphase soll KI dort Prozesse optimieren, damit Patientinnen und Patienten noch schneller versorgt, das Klinikpersonal entlastet und Ressourcen effizient eingesetzt werden. Schon während des Transports ins Krankenhaus könne KI Informationen von Patientinnen und Patienten mit bereits existierenden Daten aus vorherigen Behandlungen verbinden, skizziert Scholz die Vorteile. Noch vor der Ankunft im Krankenhaus könnte die KI anhand verschiedener Daten, wie etwa der Vitalwerte, berechnen, welche Behandlungen voraussichtlich erforderlich sein werden. Auf diese Weise könnte KI helfen, die notwendigen Ressourcen besser abzustimmen. »Die Technologie hat enormes Potenzial«, so Scholz.

Das UKSH nimmt unter den deutschen Kliniken eine Vorreiterrolle in puncto KI ein. Das Klinikum beschäftigt sich intensiv mit ganz unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten von KI. So können Mitarbeitende beispielsweise mithilfe von KI-Sprachmodellen Arztbriefe entwerfen. Um KI auch mit sensiblen Daten erfolgreich anwenden zu können, nutzt das UKSH jetzt die souveräne Cloud von T-Systems und Google. Dabei gelten besonders hohe Sicherheitsanforderungen, zudem werden die Daten nur in Deutschland gehostet. Das große Ziel hinter jedem KI-Einsatz: Je mehr administrative Aufgaben die KI übernimmt, desto besser kann sich das medizinische Personal um Patientinnen und Patienten kümmern.

Anna Lena Blanke vom Industriekläranlagen-Spezialist TIA

Anna Lena Blanke ist überzeugt: Abwasserbehandlung wird durch KI effizienter und sicherer

TIA – Smarte Kläranlagen: von der Automatisierung zur KI

KI ist keine Frage der Unternehmensgröße – das zeigt der Spezialist für Industriekläranlagen TIA. Seit 1987 entwickelt das Familienunternehmen aus Schleswig-Holstein weltweit schlüsselfertige Lösungen zur Abwasserbehandlung, die in Zukunft immer stärker durch KI unterstützt werden sollen. Aktuell setzt TIA auf Automatisierung – und damit auf die Vorstufe von KI –, um Komponenten wie Pumpen, Gebläse und Dosiersysteme zu koordinieren. Sensoren und Messgeräte überwachen beispielsweise die Wasserqualität und ändern automatisch die Dosierung von Hilfsstoffen. »Bisher muss allerdings noch ein Mensch die Regeln und Parameter vorgeben«, sagt Anna Lena Blanke, die TIA zusammen mit ihrem Vater leitet. Das ist manchmal schwierig, da geschultes Personal rar ist. Eine fortschrittliche KI soll künftig aus den aktuellen Messwerten lernen.

Einsatzmöglichkeiten gibt es viele: KI kann helfen, Lecks zu identifizieren oder schwer erkennbare Zusammen­hänge in Messdaten zu finden, um Ausfälle der Anlage zu verhindern. Vorher gilt es aber auch noch offene Fragen zu klären. Denn damit eine KI verlässlich arbeiten kann, braucht sie nicht nur korrekte Messdaten, sondern beispielsweise auch zuverlässige Internetverbindungen. Und die sind nicht in allen Ländern, in denen Anlagen von TIA laufen, selbstverständlich. Als Familienbetrieb steht TIA zudem vor der Herausforderung, KI-Projekte mit begrenzten Ressourcen umzusetzen. Schon bei Automatisierungsprojekten arbeitet Blanke daher gerne mit Hochschulen wie der TU Bergakademie Freiberg und der TU Berlin zusammen. Auch regionale Netzwerke wie der KI-Transfer-Hub Schleswig-Holstein helfen der Unternehmerin, Prioritäten richtig zu setzen. Denn für Anna Lena Blanke steht fest: KI macht die Abwasserbehandlung effizienter und sicherer.

Matthias Brack, Chef von Brack Wintergarten, vor mehreren Computerbildschirmen in seinem Büro

KI-Analyse in Ampelfarben: Schreinermeister Matthias Brack in seinem Büro

Brack Wintergarten – Kosten senken dank KI-Ampel

Wenn die KI-Ampel im Unternehmen von Matthias Brack auf Grün springt, können seine Mitarbeitenden sich schon mal auf ein Kundengespräch vorbereiten. Brack und sein Team aus 25 Personen fertigen in Altusried im Allgäu Wintergärten und Glasdächer. Vier Jahre ist es her, dass der gelernte Schreinermeister begann, sein Unternehmen mithilfe von KI zu optimieren. Sein wichtigstes Tool: ein KI-basiertes Ampelsystem, das jede Kundenanfrage analy­siert, die Brack und sein Team über ein Formular erfassen. Hat die potenzielle Kundschaft Brack im Netz gefunden oder kommt sie auf Empfehlung? Will sie das Projekt zeitnah fertigstellen? Insgesamt sieben Datenpunkte vergleicht Bracks KI mit den Angaben früherer Anfragen: »Soll ein Projekt zeitnah umgesetzt werden, sinkt beispielsweise die Chance, dass wir einen Auftrag bekommen«, erklärt der Schreinermeister. »Kommt jemand auf Empfehlung, wirkt sich das positiv aus.« Auf Grundlage der sieben Datenpunkte ermittelt der Algorithmus schließlich, wie wahrscheinlich es ist, dass die Anfrage zum Auftrag wird. Springt die KI-Ampel auf Grün, bedeutet das: Bracks Team kann wahrscheinlich mit einem Auftrag rechnen. Rot heißt: Die Chancen stehen schlecht.

In zwei Drittel aller Fälle lag die KI bislang richtig. »Wir machen das, weil unsere Kundenberatungen zeitintensiv und damit teuer sind«, erklärt der Unternehmer. Seitdem sein Team sich stärker auf die »grün« markierten Anfragen konzentriert, sind die Vertriebskosten gesunken: von rund 700 000 Euro auf gut 560 000 Euro im Jahr. Investiert hat er in die Entwicklung seiner KI bislang rund 12 000 Euro. Dem Schreinermeister geht es aber nicht nur ums Geld: »Gerade wir Handwerker können Gewinner der KI-Revolution sein. Wir müssen weniger Zeit für unliebsame Aufgaben aufwenden und können uns stärker auf unsere Kernkompetenz fokussieren.«

Illustration: Jill Senft; Fotos: Ramon Haindl (2), Felix Brüggemann, Sima Dehgani, Rendering: BMW, Julia Sang Nguyen (2), Amelie Niederbuchner

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