Das ist meine Videowelt
Fünf von vielen Millionen deutschen YouTube-Zuschauern verraten, was sie sich gern auf der Video-Plattform ansehen – und was sie dabei lernen
Auch die gute alte Sportschau gucke ich auf YouTube
Johannes Winkler
»Ich gucke viel Sport auf YouTube, meistens auf dem Smartphone mit der Android-App, aber auch auf dem Fernseher über die Smart-TV-App oder am Computer. Was im Fußball und im American Football passiert, verfolge ich ziemlich genau und sehe mir jeweils Zusammenfassungen von Spielen und aktuelle Podcasts an. Manchmal gibt es auch Livestreams auf YouTube. Beim Fußball nutze ich Onefootball für News und Goal Deutschland für Bundesliga-Zusammenfassungen, und auch die gute alte Sportschau gibt’s auf YouTube. Für Football-Zusammenfassungen nutze ich die Kanäle der NFL (National Football League) und NFL Network und für Nachrichten den Kanal des amerikanischen Sportsenders ESPN. Ziemlich gut finde ich auch den deutschen Kanal Footballerei, der die Leistungen der NFL-Spieler schonungslos auseinandernimmt. Football konnte man lange Zeit in Deutschland kaum im Fernsehen verfolgen, erst seit zwei, drei Jahren bringt Sat.1 Spiele im Fernsehen, aber nur sehr selektiv. Ab und zu gucke ich noch Handball, Eishockey und Tennis auf YouTube, aber meistens nur zu besonderen Turnieren. Für mein Games-Engineering-Studium nutze ich YouTube auch regelmäßig, vor allem Programmier- und Mathe-Tutorials, zum Beispiel auf dem Kanal thenewboston oder auf Mathe by Daniel Jung.«
Meine Tochter und ich tanzen die Schritte aus Videos nach
Carolin Friedrich
»Meine vierjährige Tochter ist in einer Kindergarten-Tanzgruppe, in der sie einfache Choreografien zu Liedern wie dem „ABC Song“ oder den Pinocchio-Tanz lernen. Manchmal guckt sie sich dann zu Hause auf meinem Tablet Videos an. Zuletzt suchten wir nach der Choreografie von „Veo Veo“. Das Lied kennt sie von der Kinder-Disko im Urlaub. Wir gucken uns die Videos meistens zusammen an und machen die Tanzschritte nach. Bei Kinderlieder-CDs sind zwar auch oft Beschreibungen dabei, aber die sind meistens recht kompliziert: ›linke Hand nach vorne, rechte nach oben.‹ Im Video sehen wir gleich, was gemeint ist, und können es nachmachen. Auch Songs von der Band „Deine Freunde“ suche ich manchmal für sie raus und spiele sie auf YouTube ab. Zu denen springt sie dann durch die Wohnung und singt: ›Probier doch wenigstens nur ein ganz kleines Stück, sonst bekommst du keinen Nachtisch!‹ Früher musste man sich CDs und DVDs kaufen oder Stücke herunterladen, mit der YouTube-App auf dem Tablet kann ich einfach suchen, was wir gerade brauchen. Hin und wieder besuchen wir auch den Fragenbär bei YouTube, weil dort Vorschulwissen spielerisch vermittelt wird. Ich selbst höre beim Putzen oft elektronische Musik auf YouTube, etwa von der Hamburger Band Sono. Abends sehe ich gern Folgen von America‘s Got Talent und Britain‘s Got Talent auf dem Tablet, die ich besser finde als deutsche Casting-Shows.«
Dank Online-Tutorial geht meine Gangschaltung wieder
Martin Nothhelfer
»Ich nutze YouTube privat und beruflich – die Themen sind bunt gemischt. Privat sehe ich auch gern mal 360-Grad-Videos. Zum Kinofilm „Es“ zum Beispiel gab es eins, in dem man ein Opfer von Pennywise ›begleitet‹. Und ich finde es toll, wenn man in einem Panorama-Video an Bord eines Greenpeace-Schiffs durchs Eismeer fährt und Seehunden und Walrössern begegnet oder sich im Inneren eines Gletschers umsehen kann. Als Kreativdirektor und Designer interessiere ich mich vor allem für Kunst- und Designthemen, darum sehe ich oft Videos über interaktive Installationen, zum Beispiel mit Virtual Reality, oder höre mir TED-Talks und andere Vorträge und Diskussionen zu Themen wie künstliche Intelligenz an. Für die Arbeit suche ich zum Beispiel auch Software-Tutorials und privat Videos zu handwerklichen Sachen, die ich noch nicht gemacht habe. Neulich habe ich beim Fahrradreparieren ein Video geschaut, in dem erklärt wurde, wie man die Gangschaltung bei einem alten Rennrad einstellt. Ich habe keine Lieblingskanäle, sondern komme meist über Google oder Artikel auf Vice, Spiegel online oder FastCoDesign auf Videos. Außerdem schicken mir Freunde Links per Mail oder sie teilen interessante Clips über Facebook und andere soziale Netzwerke. Super finde ich auch Life Hacks. Zuletzt habe ich auf YouTube gelernt, wie man ein T-Shirt in zwei Sekunden faltet. Sehr praktisch!«
Im 360-Grad-Video Bergsteiger begleiten – Wahnsinn!
Sina Blaschek
»Ich gehe viel wandern und bergsteigen, darum gucke ich gern Videos von Kanälen wie DieBackchecker, die ihre Touren und Abenteuerreisen durch die ganze Welt filmen. Praktisch finde ich auch den Kanal simplyhike mit Test-Videos von Rucksäcken, Wanderschuhen und anderer Outdoor-Ausrüstung. Wenn ich gerade nicht selbst unterwegs bin, gucke ich gern Dokumentationen zu Outdoor- und Reisethemen oder 360-Grad-Videos. Da kann man Bergsteiger quasi dabei begleiten, wie sie zum Beispiel die Eiger-Nordwand besteigen und im Rundum-Panorama auf den Gipfel oder hinunter ins Tal blicken. Zurzeit arbeite ich auf einer Berghütte in der Nähe von Sölden im Ötztal in Tirol. Die Hütte liegt 2135 Meter über dem Meeresspiegel. Wir haben zwar Internet da oben, aber manchmal ist es auf dem Berg zu langsam zum Streamen. Deshalb nutze ich regelmäßig den Offline-Modus von YouTube Premium für einige Videos. So kann ich nach Feierabend noch ein bisschen gucken und muss nicht auf meine amerikanischen Late-Night-Shows verzichten. Am liebsten sehe ich Jimmy Fallons Tonight Show und Jimmy Kimmel Live.«
Wie man eine Ferse strickt, habe ich auf YouTube gelernt
Dominique Ploschka
»Vor acht Jahren habe ich mit dem Stricken angefangen. Ich arbeite in der telefonischen Kundenbetreuung für eine Versicherung und habe einen Ausgleich zu der Arbeit am Computer und Telefon gesucht. Seit dem Handarbeitsunterricht in der Grundschule hatte ich nicht mehr gestrickt. Mein erstes Projekt war nicht einfach ein Schal, sondern gleich ein Janker für meinen Papa. Vorher hatte ich noch nie eine Strickanleitung gelesen. Ich habe gefühlt fünf Mal von vorne angefangen, weil immer etwas nicht gestimmt hat. Als ich den Janker dann überreicht habe, war er auch noch schief zusammengenäht. Papa sah aus wie Quasimodo! Wenn ich in einer Strickanleitung etwas nicht verstehe, sehe ich mir seitdem YouTube-Videos an. Wie man bei einer Socke eine klassische Ferse strickt, zum Beispiel, habe ich erst dadurch verstanden. Auch wie bestimmte Häkelmaschen oder Handgriffe mit der Nähmaschine gehen, zuletzt für eine Beanie, sehe ich auf YouTube nach. Ich mag den Account von nadelspiel * Stricken & Häkeln mit eliZZZa, die die Schritte kurz und anschaulich erklärt. Ansonsten habe ich keine Lieblingskanäle, sondern orientiere mich an der Zahl der Aufrufe und Likes in den Suchergebnissen. Gerade habe ich eine Jacke für meine Schwester in Arbeit.
Ich spiele besser, seit ich die Tricks von anderen Gamern kenne
Fritz Hollmer
»Ich nutze YouTube vor allem für Let‘s-Play-Videos: Dabei guckt man anderen beim Computerspielen zu, die dabei das Spiel kommentieren und Tipps und Tricks verraten. Dadurch kann ich mich selbst beim Spielen verbessern. Am liebsten zocke ich zurzeit das Free-to-Play-MOBA (Multiplayer Online Battle Arena) ›League of Legends (LOL)‹, darum habe ich zum Beispiel die Kanäle Mobalytics, Maxim und PlayersHUB abonniert, die viele Guides zu LOL online stellen. Zwischendurch sehe ich auch gerne, was es Neues auf dem Kanal Domtendo gibt, der hauptsächlich Let‘s-Plays zu Nintendo-Spielen macht. Ich kann mir vorstellen, auch einmal selbst solche Videos zu drehen. Wenn ich mehr Zeit habe, gucke ich Full-Gameplay-Videos wie die von Sola uncut oder Lol Korean Pro Replays. Oder ich schaue bei Livestreams von Turnieren Profispielern zu. Das kann auch mal ein paar Stunden dauern. Daneben nutze ich YouTube, statt fernzusehen, und schaue mir dort Nachrichten und Dokumentationen zu aktuellen oder wissenschaftlichen Themen an. Zwei Kanäle, die ich gut finde, sind MrWissen2go mit Allgemeinwissen zu aktuellen und historischen Themen sowie LeFloid, der Nachrichten kommentiert. Außerdem höre ich gern Musik auf YouTube, wenn ich am Computer sitze, oder unterwegs mit der YouTube-Music-App.«
Fotografie: Myrzik & Jarisch